Andrea Koch
Malerei, Bildhauerei
"Transparenz"

Im Sommer kann man sie bisweilen in den Wäldern der Gerolsbacher Fluren antreffen, in Schutzkleidung vermummt, mit Helm auf dem Kopf, mit einer kreischenden Kettensäge in der Hand: Die Künstlerin Andrea Koch arbeitet nicht nur gern im Atelier, sie mag es bisweilen auch brachial. Was sie mit der Kettensäge schafft, ist wiederum unfassbar filigran. Seit einer Weile liegt nun ein Werkbuch über Andrea Kochs Schaffen vor. Ein Buch über Kunst, das selbst ein Kunstwerk ist.
Man könnte fast eine dieser Scherzfragen dazu machen, nach dem Motto: Was hat Zähne aber keinen Mund? Und nun die Analogie: Was hat keine Klammern und ist dennoch eine Einheit? Oder: Was hat keine Seitenzahlen und man kann dennoch drin blättern? Des Rätsels Lösung – im ersten Fall: Säge. Im anderen: Andrea Kochs 52-seitiges Buch mit dem Titel „Transparenz“. Es ist nicht nur eine Werkschau, die Einblicke ins Schaffen einer Künstlerin gewährt, sondern zugleich Kunstsammelmappe im Format 22x35. Zentimeter. Es ist groß.
Andrea Koch ist Künstlerin und Pädagogin. Mit Haut und Haaren. Ein Berufsleben lang. Eine Fusion, die so stimmig ist, dass das eine ohne das andere überhaupt nicht möglich wäre. Andrea Koch schafft, und sie lehrt. Sie lebt das Prinzip Kreativität. In der Regelschule, in ihrer Kunstschule, in ihrem Atelier, im privaten Umfeld.
Kreativität – ein Wort übrigens, das man gern so leicht dahinsagt, jemand sei kreativ. Aha. Da malt also jemand ab und an mal was? Auch, aber es geht um viel mehr: Kreativität ist die Fähigkeit, fantasievoll und gestaltend zu denken und zu handeln. Heute weiß man: Es ist die Kreativität, die der Pädagogik erst ihre Kraft verleiht. Man muss sich nur an die eigenen Lehrer zurückerinnern. Prägend waren zumeist die, die verblüfften, die überraschten. Auch: die einen bisweilen irritierten.
Kreativität ist also der Überbau, auch für dieses Buch: der schwarze Einband mit dem roten Gummiband, das alles zusammenhält, jeder einzelne ist mit einem anderen, individuellen Bild verziert. Im Inneren verbergen sich hohe Blätter, geprägt von Andrea Kochs unverkennbarer Bildsprache, die sie über die Jahrzehnte seit dem Studium weiterentwickelt hat. Erst auf den zweiten Blick erkennt man, dass das eine Buch im Grunde aus drei Büchern besteht, die sich den drei Kern-Materialien widmen, mit denen die Künstlerin heute arbeitet – mit Farbe, mit Wachs, mit Holz.
Dazu gehören die Werkzeuge: Pinsel, Spachtel und Kettensäge. Wie das zusammengeht? Da braucht es einen Moment, wenn man dann doch einmal über einen dieser amerikanischen Splattermovies gestolpert ist, Chainsaw Massacre, oder wenn man in der Autowerkstatt warten mussten, wo einschlägige Kettensägenhersteller gern mit einschlägigen Kettensägenkalendern aufwarten. Ganz falsche Bilder. Es geht aber auch anders. Andrea Koch haucht totem Holz neues Leben ein, schafft zarte Figuren, umschlungen Pärchen, filigrane Formen aus schwerem Material.
Vor einer Weile überließ ihr jemand ein gewaltiges Stück Mooreiche, was für ein Glück. Tiefschwarz hat sich das Holz über die Jahre im Boden verfärbt, nahezu abgeschlossen vom Sauerstoff. Was Andrea Koch draus macht, kann man im Buch sehen, liebevoll und (da ist es wieder) kreativ inszeniert. Die Bilder dazu hat ein wahrer Meister seines Fachs gemacht: Richard Kienberger, im Hauptberuf weltreisender Fotojournalist, der bevorzugt spannende Menschen und mächtige Trucks abbildet.
Und diese Kunst. Andrea Koch hat sie unter das Motto „Transparenz“ gestellt, es geht da nicht nur um eine gewisse visuelle Durchsichtigkeit, manchmal auch nur ein Durchscheinen, es geht auch um Offenheit, Verletzlichkeit. All das, was diese Worte transportieren, hält man in den Händen, wenn man Andrea Kochs Werkbuch in die Hand nimmt, am besten mit einer Tasse Tee oder Kaffee auf dem Tisch, oder auch einem Glas Wein. Mit guter Musik im Hintergrund. Und mit Zeit, sich auf das Werk dieser Künstlerin einzulassen, das dazu in der Lage ist, einen dem Alltag zu entreißen. Welche Rolle man Kunst in seinem Leben einräumt, ist eine Entscheidung. Sich mit Kunst zu umgeben, ist meist eine gute Entscheidung. Wer den Zugang zu Andrea Kochs Werkbuch findet, wird große Freude daran haben, jedesmal wenn man es zur Hand nimmt. Und das muss man, wenn man es erst für sich entdeckt hat. Weil diese Momente, in denen man darein eintaucht, Zeit zum Atmen ist, zum Luftholen, zum Genießen.
Erhältlich ist das Buch per Mail an andrea@kunst.koch.team direkt bei der Künstlerin.
Fotos: Richard Kienberger
